Vita

Gerd Pfleiderer

 
Pro­log

„Ich mache mei­ne Wer­ke für mich und ob das Kunst ist oder nicht ist für mich nicht wich­tig. Wenn jemand ande­res etwas dar­in fin­det, freut mich das natür­lich.“
Von 1986 bis 1991 stu­dier­te ich Gra­fik-Design und ver­dien­te anschlie­ßend 20 Jah­re mein Geld in der Wer­be­bran­che. Rück­bli­ckend sind die­se Auf­trags­ar­bei­ten für mich bedeu­tungs­los. Viel mehr Wert haben für mich Kin­der­zeich­nun­gen oder Zeich­nun­gen aus mei­ner Jugend – sie spie­geln in mei­ner Erin­ne­run­gen, mein Inners­tes zu jener Zeit wider.

Kind­heit
So weit ich mich erin­nern kann – min­des­tens bis ins Alter von vier oder fünf Jah­ren –, habe ich immer gern gemalt und gezeich­net. Ich weiß noch, wie mei­ne Mut­ter manch­mal panisch in mein Zim­mer stürz­te, weil sie dach­te, ich sei ver­schwun­den, nur um dann erleich­tert fest­zu­stel­len, dass ich ver­tieft in mei­ne Zeich­nun­gen war.

Schul­zeit
Mei­ne Schul­zeit war das dunk­le Kapi­tel mei­nes Lebens. Schon in der ers­ten Klas­se brach­te mich mei­ne Leh­re­rin vom Zeich­nen ab – sie glaub­te schlicht nicht, dass ich mei­ne Bil­der ohne frem­de Hil­fe ange­fer­tigt hat­te.
Es folg­ten zehn Jah­re Kampf um Noten und Ver­set­zun­gen, die ich mit viel Glück meist knapp bestand. Wäh­rend die­ser Zeit ent­stand kein ein­zi­ges frei­wil­li­ges Bild. Ich hat­te das Zeich­nen und Malen völ­lig auf­ge­ge­ben.
Letzt­lich war es aus­ge­rech­net ein geschei­ter­ter Kunst­leh­rer, ein schwe­rer Alko­ho­li­ker, der mein Talent erkann­te. Mit etwa 17 Jah­ren gab er mir das Gefühl, doch etwas zu kön­nen. Er ließ mich Frau­en­por­träts von Pass­fo­tos abzeich­nen – Frau­en, die er bei sei­nen nächt­li­chen Eska­pa­den ken­nen­ge­lernt hat­te. Die­se ver­schenk­te er als sei­ne eige­nen Wer­ke, in der Hoff­nung, mit die­ser Gefäl­lig­keit im Bett sei­ner nächt­li­chen Bekannt­schaf­ten zu landen.

Stu­di­um
Mein Gra­fik-Design Stu­di­um in Mann­heim war ein Segen – end­lich weg von zuhau­se.  Ich erin­ne­re mich noch, wie ich mor­gens glück­lich in mei­ner WG auf­wach­te und zur Hoch­schu­le ging. Das Stu­di­um fiel mir leicht, und ich hat­te genü­gend Zeit, mich auch künst­le­risch wei­ter­zu­ent­wi­ckeln. In den Som­mer­fe­ri­en nahm ich an Kunst­sym­po­si­en teil – am Mill­stät­ter See und im Stift Ebern­dorf, wo ich zwi­schen den Stu­die­ren­den der Wie­ner Kunst­aka­de­mie an mei­nen Pro­jek­ten arbei­te­te.
Ein beson­de­res High­light zu jener Zeit 1989, war mein Aus­lands­se­mes­ter am Indus­tri­al Design Cen­ter in Mumbai/Indien, das ich mit mei­nem Freund Tho­mas Röß­ler ver­brach­te. Die­se Erfah­rung führ­te mich aus zwei­er­lei Grün­den an mei­ne Gren­zen: Zum einen reis­te ich trotz eines schwe­ren Band­schei­ben­vor­falls nach Indi­en, zum ande­ren leb­ten wir mit­ten in der Mega­ci­ty Mum­bai gemein­sam mit indi­schen Stu­den­ten in ein­fachs­ten Ver­hält­nis­sen auf dem Cam­pus. Da wir nicht stän­dig an der Hoch­schu­le sein woll­ten, foto­gra­fier­ten wir als Semes­ter­pro­jekt eine Repor­ta­ge über die Stadt und ihre Men­schen. Die­se Arbeit ver­än­der­te mei­ne Sicht auf unser Leben in Deutsch­land – und auf die Din­ge, die wir für unver­zicht­bar halten.

Wer­ke
Um das Jahr 1988 vor mei­nem Auf­ent­halt in Indi­en ent­wi­ckel­te sich das Inter­es­se an den The­men, mit denen ich mich heu­te noch beschäf­ti­ge: „Zeit in Bezug auf Zeit­punkt, Ver­än­de­rung, Ver­gäng­lich­keit und Erin­ne­rung“.
Die ers­ten Tafeln und Objek­te einer Num­mern­se­rie ent­stan­den anfangs die­ses Jah­res, wobei ich beim Som­mer­sym­po­si­um im Stift Ebern­dorf die For­men­spra­che wei­ter­ent­wi­ckel­te. Ende des Jah­res kam der Film „Drow­ning by Num­bers“ von Peter Greena­way in die Kinos. Ich erkann­te einen See­len­ver­wand­ten und der Film hat mich bei mei­ner wei­te­ren Arbeit an mei­ner Serie beein­flusst. Eben­so erging es mir mit der Musik des Fil­mes, kom­po­niert von Micha­el Nyman. Über die­se Musik gelang­te ich zur Mini­mal Music von Phlipp Glass. Eine Sequenz aus „Ein­stein on the Beach“ von Phil­ipp Glass lief bei mei­ner Aus­stel­lung „Zeit­raum II“, 1992 in der alten Tabak­fa­brik in Edingen/Heidelberg. Wäh­rend die­ser Zeit, nach mei­nem Diplom als Gra­fik Desi­gner 199I ver­such­te ich mich in einer ver­las­se­nen Tabak­fa­brik, einem Grün­der­zeit­ge­bäu­de bei Hei­del­berg, das zum Ver­kauf stand als Künst­ler. Mit gele­gent­li­chen Wer­be­agen­tur­epi­so­den hielt ich mich über Was­ser.
1994 muss­ten ich und die ande­ren Künst­ler ihr Ate­lier räu­men. Ich fand im damals berüch­tig­ten Mann­hei­mer Jung­busch ein neu­es Zuhau­se und etwas spä­ter in einem Loft im Mann­hei­mer Indus­trie­ha­fen.
In die­ser Pha­se such­te ich nach neu­en Aus­drucks­for­men für mei­ne The­men und wand­te mich der Foto­gra­fie zu. Sie erwies sich als ein beson­ders geeig­ne­tes Medi­um, da sie es ermög­licht, einen Moment prä­zi­se fest­zu­hal­ten und durch unge­wöhn­li­che Per­spek­ti­ven neue Aspek­te der Rea­li­tät sicht­bar zu machen. Zudem erlaubt der Ver­gleich spä­te­rer Auf­nah­men des­sel­ben Motivs eine genaue Nach­ver­fol­gung von Ent­wick­lun­gen und Veränderungen.

Aus­stel­lun­gen
Für mei­ne Aus­stel­lun­gen war das klas­si­sche Tafel­bild allein oft nicht aus­rei­chend. Raum, Licht und Klang spie­len für mich eine wich­ti­ge Rol­le, um die Wir­kung auf den Betrach­ter zu ver­stär­ken – sei es als ergän­zen­des Ele­ment oder als inte­gra­ler Bestand­teil des Gesamtkonzepts.

Abschlie­ßend kann ich sagen, dass es mir nach wie vor gro­ße Freu­de berei­tet, mich künst­le­risch aus­zu­drü­cken. Neben mei­ner Tätig­keit als Dozent u.a. für Gestal­tung an der DHBW Mann­heim habe ich die Frei­heit, mich auch künf­tig mei­nen eige­nen Pro­jek­ten zu widmen.

Stationen

Am 18.03.1962 in Heil­bronn gebo­ren, wo ich auch zur Schu­le ging.

Von 1986 bis 1991 Gra­fik­de­sign-Stu­di­um an der Fach­hoch­schu­le für Gestal­tung in Mannheim.

1989 Aus­lands­se­mes­ter am Indus­tri­al-Design-Cent­re in Mum­bai (Bom­bay), Indien.

1991 Diplom als Gra­fik-Desi­gner in Mannheim.

The­ma der Diplom­ar­beit: »Image­kam­pa­gne für Rei­sen nach Indien«.

Von 1991 bis 2000 Frei­be­ruf­li­che Tätig­keit u.a. Reiss­mu­se­um Mann­heim, Film­fes­ti­val Mann­heim-Hei­del­berg und für ver­schie­de­nen Agen­tu­ren im Rhein-Neckarraum.

Von 2000 bis 2008 Eige­nes Gestal­tungs­bü­ro mit dem Namen »Qua­dra­sign«.

Von 2008 bis 2021 Lehr­tä­tig­keit an der Aka­de­mie für Kom­mu­ni­ka­ti­on, in Mann­heim und Heil­bronn, im Bereich Medi­en­tech­nik, Mul­ti­me­dia und Kommunikationsdesign.

Seit 2016 Lehr­tä­tig­keit als Dozent an der Dua­len Hoch­schu­le Mann­heim (DHBW), im Fach­be­reich Medi­en­ma­nage­ment für Crossmedia-Design.

Seit 2021 Lehr­tä­tig­keit am Kol­ping Bil­dungs­werk — Schu­le für Gestal­tung Heil­bronn, im Bereich Medi­en­tech­nik und IT